Ein Jahr Walking Football in Friesland

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Ein Jahr Walking Football in Friesland
Zum ersten Mal erfuhr Herbert von Zabiensky im Sommer 2021 auf seiner Arbeitsstelle in Bremen etwas vom Walking Football. Grundsätzlich fand er das Thema interessant, glaubte aber nicht wirklich daran, dass sich diese Fußballvariante durchsetzen würde. Ein halbes Jahr später sprach ihn an Weihnachten ein Freund auf Walking Football an und als ihm dann von seiner Tochter ein Zeitungsbericht über Gehfußball vorgelegt wurde, gab es kein Halten mehr. Sollte es tatsächlich, für den in die Jahre gekommenen Kicker, noch mal möglich sein, mit Gleichgesinnten gegen den Ball zu treten und Teil einer Mannschaft zu sein? So mit wöchentlichem Training, Kameradschaft und Kabinenmief?
Im Januar sprach Herbert seinen Sohn Thorsten an, Thorsten ist Fußballabteilungsleiter beim TV Neuenburg. Gemeinsam recherchierten sie, was es mit Walking Football auf sich hat. Fußball im Gehen auf einem kleinen Spielfeld ohne Torwart. Es wird nur flach gespielt und somit gibt es auch keine Kopfbälle. Gespielt wird in gemischten Mannschaften mit Spielerinnen und Spielern der Generation 50+.
So erfuhr man auch, dass der VfL Wolfsburg und der SV Werder Bremen bereits Walking Football Teams hatten. Aber die Region Friesland war ein weißes Blatt. Man hätte in Papenburg spielen können, aber wer will das? Wenn man mal überlegt, wie viele ehemalige Kicker im Alter von 50 bis 80 Jahren in Friesland gemütlich auf dem Sofa liegen, wird schnell klar, welch ein Potenzial auf dieses neue Sportangebot wartet.
Für Thorsten, den Fußballabteilungsleiter war die Entscheidung gefallen. Nun musste er nur noch seine Vorstandsmitglieder von dieser Idee überzeugen. Alle waren angehalten, sich mit diesem Thema zu beschäftigen, sich die existierenden Videos auf YouTube anzusehen und sich eine Meinung zu bilden. Es bedurfte keine weitere Überzeugungskraft. Die Fakten sprachen für sich. Bisher gab es dieses Angebot im Umkreis von 80 Km nicht. Wenn es funktionieren würde, könnte man dem Mitgliederschwung entgegenwirken und diese Fußballvariante würde die regionalen Medienvertreter auf den Plan rufen. Der TV Neuenburg hätte positive Publicity.
Jetzt wurden Flyer aufgelegt, mehrere Videos erstellt, Werbung in den „Sozialen Netzwerken“ gemacht, Presseberichte rausgegeben und die neue Sportart massiv beworben.
Es folgte noch ein Radiointerview bei Bremen 1, die das Thema Walking Football interessant fanden.
Als man dann 30 Interessenten auf der Liste hatte, lud man zu einem Informationsabend ein.
An diesem Abend wurde der Grundstein für was ganz Besonderes gelegt. Das Gründen einer Fußballmannschaft ist eher etwas Normales, denn etwas Besonderes. Aber hier war die Zielgruppe das Besondere. Alles ehemalige Spieler und Spielerinnen, die endlich wieder eine Heimat für ihre Fußballsehnsucht gefunden hatten. Alle waren mehrere Jahrzehnte im Fußball aktiv und somit mehrere Tage in der Woche auf dem Sportplatz. Bis es nicht mehr ging. Dieses abrupte Ende einer Fußballlaufbahn schmerzte, aber der Körper forderte sein Tribut. Bewegung, Kameradschaft und Geselligkeit fanden fortan nicht mehr statt.
Alle Anwesenden hatten nach der Ausführung des Fußballabteilungsleiter leuchtende Augen. Sollte es wirklich wieder auf den grünen Rasen gehen? Wöchentliches Training, Kicken und Kabinenmief?
Am 21.04.2022 war es dann so weit. Steffan Wemcken, der aus dem Kreis der Interessenten zum Trainer und Organisator ernannt wurde, empfang 11 Spieler und 1 Spielerin zum ersten Walking Football Training in Friesland. Man schrieb ein klein wenig Fußballgeschichte.
Das wichtigste Ziel dieser ersten Trainingseinheit war, dass alle den Platz auch wieder gesund verlassen. Die unterschiedlichen Fitnessgrade und auch die Altersspanne von 52 bis 73 Lebensjahren waren schon eine Herausforderung für die Dosierung der Trainingsintensität. Alles ging gut und am Ende freuten sich alle über den wiederentdeckten Kabinenmief.
Natürlich wurde das Neuenburger Treiben von vielen Unschlüssigen und Skeptikern beobachtet. Walking Football (Gehfußball) klingt erstmal nicht so sportlich. Aber alle die es ausprobiert haben, wurden eines Besseren belehrt. Diese Fußballvariante macht reihenweise Menschen glücklich.
Der Neuenburger Trainer und Organisator Steffan Wemcken infizierte sich richtig mit dem Walking Football Virus. Das Glück, was er bei jeder Trainingseinheit in den Gesichtern seiner Mitspieler sah, musste jedem zugänglich gemacht werden.
In einer E-Mail stellte er das Neuenburger Projekt vor und zeigte all die Vorteile auf, die Walking Football für die Vereine, aber auch für die Ehemaligen und Interessierten mit sich bringe. Über 20 Vereine der Region wurden angeschrieben und informiert. Man bot Starthilfe für den Aufbau eines Teams an und stellte Präsentationsmaterial zur Verfügung. Parallel wurde Kontakt mit niedergelassenen Ärzten aufgenommen und diese gesundheitsfördernde Fußballvariante vorgestellt. Von Seiten der Mediziner gab es nur positive Rückmeldungen. Ein Wilhelmshavener Internist wurde sogar Teil der Mannschaft.
Im Sommer 2022 wurde an der Urwaldkampfbahn in Neuenburg eigens ein neues Kleinfeld angelegt und die obligatorischen Walking Football Tore angeschafft. Zudem folgte man der Tradition und gab seinem Team den Namen „Urwaldfriesen“.
Im August 2022 gründeten sich dann Teams bei der SG Sengwarden / Fedderwarden und beim TuS Varel 09. Im Oktober folgten der BV Bockhorn, im November der WSC Frisia und im Januar 2023 der VfL Oldenburg.
Waren es zum Start noch 12 Spielerinnen und Spieler, so kicken heute weit über 100 Walking Footballer die neue Fußballvariante in unserer Region.
Zum ersten Neuenburger Walking Football Jubiläum, aber auch um diesen Sport bekannt zu machen findet im Juli diesen Jahres das erste Turnier auf friesischem Boden statt. 10 niedersächsische Teams zeigen wie es „GEHT“. Bleib am Ball!