Wenn die Fußballsehnsucht wieder eine Heimat findet

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Das Leben ist ein Kreislauf und wenn eine Sache gut läuft, hört man oft die Aussage: „Da schließt sich der Kreis!“
Fußball ist ein Wort mit sehr viel Magie. Wenn du als Kind auf dem Bolzplatz in eine Mannschaft gewählt wirst und auf einmal als Person wichtig bist, macht das was mit dir. Jetzt, als Teil einer Mannschaft, wirst du gebraucht.
Weniger schön ist es, wenn du die letzte Wahl bist, weil du vielleicht nicht so gut kickst. Aber das Schöne ist ja, man gewinnt und verliert zusammen. Jeder wird gebraucht und jeder gibt sein Bestes. Bei dieser Erinnerung kommt mir eine Szene aus dem Film „Das Wunder von Bern“ in den Sinn. Matze spielt im Hinterhof mit seinen Freunden Fußball. Auch er wird immer als Letzter in eine Mannschaft gewählt, in der er maximal als Mitläufer agiert und keine Akzente setzt. Aber er ist ehrgeizig und gibt nicht auf. Es brauchte nur den richtigen Impuls, den er von seinem Vater bekam. Er solle nicht irgendwelche berühmten Spieler imitieren, sondern sich auf seine Stärken konzentrieren. „Du bist zäh und laufstark. Du bist ein Verteidiger“. Dieser Hinweis und diese Wertschätzung von Seiten des Vaters veränderten sein Fußballspiel. Fortan verteidigte er für seine Mannschaft und wurde zur wertvollen Stütze.
Diese imaginäre Szene aus einem Film beschreibt das Leben eines jungen Fußballers, welches man im Alltag immer wieder findet.
Fußballspielen ist nicht nur sporttreiben, es ist so viel mehr. Wer schon in jungen Jahren einen Mannschaftssport betreibt, bekommt jede Menge Rüstzeug für einen guten Charakter mit. Als guter Teamplayer bist du auch außerhalb des Fußballs gefragt.
Der Fußballsport ist der begehrteste Sport auf unserem Planeten. Allein in Deutschland gibt es über 24 000 Vereine unter dem Dach des Deutschen Fußballbundes. Über 7 Millionen Mitglieder sind hier registriert.
Wenn Du also deine Aktivitäten vom Bolzplatz in einen Sportverein verlagerst, bekommt das Ganze noch einen höheren Stellenwert. Erinnerst du dich an das Gefühl, als man dir das erste Mal dein Trikot, die Sporthose und die Stutzen übergab. Wie das erste Tragen dieser Kluft dich stolz machte. Die Sichtbarkeit deiner Zugehörigkeit zu einer Mannschaft, zu einem Verein holt dich aus der Anonymität des Bolzplatzes. Jetzt bist du wer, man sieht es deutlich an deiner Kleidung. Anfänglich ist es ein erhabenes Gefühl, welches dann aber an Bedeutung verliert. Zumindest was die Außenwirkung angeht. Innerhalb der Mannschaft wächst dieses Zusammengehörigkeitsgefühl weiter.
Das Körperliche und Emotionale, was man auf dem Platz erlebt machen diesen Sport ebenso aus wie die unmittelbare Zeit nach dem Spiel in der Kabine oder in der dritten Halbzeit im Vereinsheim.
Nach dem Spielen in den Jugendmannschaften folgt dann der Wechsel in den Seniorenbereich. Je nachdem, wie talentiert und ehrgeizig man ist, verbringt man einige Tage der Woche auf dem Sportplatz. Dies alles findet oft über Jahrzehnte statt und ist eine manifestierte Routine eines Fußballspielers oder Fußballspielerin. Für mich endete diese Routine im Altherrenbereich. Eines Tages kam die bittere Erkenntnis, dass der Körper den Anforderungen nicht mehr gewachsen ist.
Eine über 30 oder 40 Jahre liebgewonnene Beschäftigung sollte jetzt abrupt enden. „Fußballrentner“, diese Tatsache schmerzte.
Fußball wurde nur noch passiv konsumiert und gekickt wurde hin und wieder mit den Enkeln im Garten. Kein Kabinenmief und keine dritte Halbzeit. Schrecklich. Wer all das 40 Jahre lang hatte, der vermisst was und trägt die Sehnsucht nach einem gepflegten Fußballspiel in sich.
„Jetzt schließt sich der Kreis“
Es bedurfte der Kreativität von englischen Fußballspielern, dieser Sehnsucht eine neue Heimat zu geben. Bereits 2011 erfand man in Chesterfield den Walking Football“. Mit modifizierten Regeln richtet sich dieses Fußballangebot an alle Sehnsüchtigen jenseits der 50. Man spielt ohne Körperkontakt auf kleinen Toren und in gemischten Mannschaften. Also ein Angebot für Frau und Mann.
Bei der Mitgliederanzahl des Deutschen Fußballbundes lässt sich erahnen, wie viele ehemalige Spielerinnen und Spieler auf eine solche Option gewartet haben. Immer mehr Vereine machen ihren passiven Mitgliedern und auch allen anderen Interessierten dieses attraktive Sportangebot.
Ich habe meine fußballerische Heimat beim TV Neuenburg gefunden. Denn derzeit ist es nur dort möglich, Walking Football zu spielen. Ich bin 63 Jahre alt und noch einer der jüngeren Spieler. Mein Sportkamerad Bernhard ist bereits 74 Jahre alt, aber man erkennt heute noch, dass er mal leistungsbezogen gekickt hat.
Ihr glaubt gar nicht, wie schön Kabinenmief sein kann.
Wenn eure Fußballsehnsucht auch wieder eine Heimat finden soll, ruft mich einfach an!
Kontakt: Steffan Wemcken 01512-3001112